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Ein launiger Kommentar zum Wahlkrampf

17.09.2021 | Speakers Corner

Die Parteien haben den gesellschaftlichen Auftrag, die Meinungen und Themen der Bevölkerung zu sammeln und zu verdichten und bis zum Wahltag in Form von Wahlprogrammen unterschiedliche Lösungsansätze vorzustellen. Seit ich 1987 einen Wahlkampf hautnah miterleben durfte, haben mich diese inhaltlichen Debatten in ihren Bann gezogen. Zudem sollen Parteien der Bevölkerung geeignete Kandidat:innen für die Kanzlerschaft bzw. ein künftiges Kabinett präsentieren. Hat das 2021 geklappt?

Dass in der Gunst der Wähler:innen Personen gegenüber den Programmen immer mehr an Bedeutung erhalten, ist ein unumkehrbarer Trend, der eifrig von den Medien bedient wird. Offensichtlich hat die SPD, die eigentlich bereits abgeschlagen schien, mit Olaf Scholz ihre Chance genutzt. Bei der CDU wurde beim innerparteilichen Auswahlverfahren ein Kandidat gekürt, dem es schwerfällt, mit seinem Wesen außerhalb seines Bundeslandes zu punkten. Und die Grünen haben sich ohne Not von einer Doppelspitze verabschiedet, und damit vielfältigere Identifikationsmöglichkeiten eingeschränkt. Das Ergebnis der parteiinternen Beschlüsse ist aus meiner Sicht ein unmotivierter Wahlkampf um die Mitte der Gesellschaft, dem es an emotionaler Zuspitzung und Dramatik vergangener Wahlkämpfe fehlt. Außer dem wichtigen – aber abstrakten – Thema der Weltrettung fehlt es den drei Kandidat:innen an griffigen und aktuellen Themen wichtiger Politikfelder für die dringend nötige Mobilisierung zumindest des eigenen Klientels.

Ich befürchte, dass die Wahlbeteiligung, die seit 1972 tendenziell sinkt, auch diesmal sehr gering sein wird. Zudem ist ein Ergebnis zu vermuten, welches eine Regierungsbildung schwierig und zeitaufwendig macht und Koalitionsverhandlungen sind auf Grund ihrer stereotypen Manöver auch eher wenig unterhaltsam. Wenigstens stehen hierbei wieder stärker politische Inhalte im Vordergrund und daher sollte jede:r Wähler:in jenseits der zur Schau gestellten Kandidat:innen vielleicht doch noch schnell einen Blick in die Programme werfen und die Wahlentscheidung von den dort avisierten Vorschlägen abhängig machen.


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