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Disruptive Kommunikation im Dialog? Der Blick des Medientrainers

14.03.2025 | Speakers Corner

Das Bild zeigt eine Illustration von Pinocchio der vor Journalist:innen steht und Fragen beantwortet. Die Journalist:innen halten ihm Mikrofone entgegen und eine Kamera ist auf ihn gerichtet

Du wirst live mit dem gut recherchierten Vorwurf einer Journalistin oder eines Journalisten konfrontiert ... was machst du?

Zustimmen oder widersprechen? Das waren bislang zwei naheliegende von vielen weiteren taktischen Optionen im klassischen Umgang mit kritischen Fragen im Medieninterview. Aber eine bestimmte „Taktik“ war bisher immer tabu ... du lügst einfach. Die Angst vor dem Faktencheck, der Gesichtsverlust, die Erosion der persönlichen Glaubwürdigkeit, die Angreifbarkeit der Unternehmens-Reputation bis hin zu rechtlichen Auseinandersetzungen mit Stake- oder Shareholder:innen. Never lie!

Gilt das noch? Oder müssen wir Medientrainer:innen „lügen“ künftig mit in den Taktikkoffer packen?

Das Zeitalter der Lügen

Zum Thema Wahrheitskonstruktion in Echokammern wurde schon vieles geschrieben und auch wir haben uns dem Thema vor 5 Jahren von verschieden Seiten aus genähert. Seit dem Aufstieg der Libertären hat das Thema an Fahrt aufgenommen, teilweise werden jetzt diejenigen ausgeschlossen oder verfolgt, die andere beim Lügen erwischen. Vorsätzliches Lügen scheint zu einer politischen Erfolgsformel geworden zu sein, Hauptsache es mobilisiert die eigenen Follower:innen. Je dreister die Lüge umso mehr der Loyalitäts-Lackmustest für die Anhänger:innen. Sehr gut zu beobachten an der Sprecherin von Donald Trump, Karoline Leavitt. Deren Hauptaufgabe besteht darin, die Lügen des Chefs als neue Fakten darzustellen (und nicht mehr nur alternative Fakten wie in der ersten Präsidentschaft). Und es ist auch hinreichend untersucht, dass Lügen und haltlose Behauptungen im Stundentakt (Agenda Setting) nicht nur die amerikanische Hauptstadtpresse, sondern die ganze Welt davon ablenken, zu beobachten, was hinter den Kulissen tatsächlich passiert.

Tipps für den richtigen kommunikativen Umgang mit der Unwahrheit

Zurück zur Frage: wie also im Dialog / Interview umgehen mit Menschen, die lügen. Zunächst muss man wohl zwischen der Lüge aus „Unwissenheit“ und aus „Absicht“ unterscheiden. Leute, die Lügen (nur) nachplappern oder Leute, die Lügen selbst in die Welt setzen, um Reaktionen auszulösen. Zweiteres würde man heute wohl als taktische Lüge bezeichnen. Eines ist in allen Varianten klar: unvorbereitet wird man kein souveränes Gespräch mit Lügner:innen führen können. Im Gegenteil, Vorbereitungen mit „push button Statements“ helfen erst einmal mit eigenen Positionen sprech- und ggf. sendefertig zu sein, ohne den Eindruck der Zustimmung zu erwecken.

Die Süddeutsche Zeitung hat in ihrer Ausgabe vom 25.02.25 im Wirtschaftsteil (und nicht im Politikteil) Regeln für „Verhandlungen“ mit dem amerikanischen Präsidenten skizziert, die letztlich kommunikativer Natur sind und daher hier weitere Hilfestellungen bieten:

  1. Deals anbieten: wenn du mir ehrlich sagst, was du wirklich von mir willst, sind wir uns schneller einig! Im Interview: dazu kann ich jetzt gerne Stellung beziehen vs. kein Kommentar
  2. Das Ego nicht verletzen: Gesprächspartner:innen nicht angreifen oder in deren Kompetenzfeld eingreifen
  3. Auf den eigenen Zielen beharren: das Wiederholen von Argumenten betont deren Bedeutung
  4. Stärke demonstrieren: wir wissen, was wir tun und haben Optionen
  5. Ein freundschaftliches Verhältnis aufbauen: Verständnis für die Haltung des anderen zeigen, auch wenn sie nicht der eigenen entspricht; unvoreingenommenes Interesse an den Ursachen haben

Zu dieser inneren Einstellung kommt die Körpersprache: Pokerface! Nicht zustimmend nicken, kein Kopfschütteln, keine Regung: und dann die hoffentlich guten eigenen Karten auf den Tisch legen. Und dabei keinesfalls selbst lügen! PR Profis wissen, man muss nicht alles sagen was man weiß, aber das was man sagt muss wahr sein. Oder wie es John Maynard Keynes einmal ausgedrückt hat: „Es ist besser ungefähr richtig zu sein, als genau falsch.“

© KI generiertes Bild von Canva.com

Quelle: HA

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